Abstract
Die beiden Bände von De la démocratie en Amérique lieferten Mitte des 19. Jahrhunderts eine umfassende Beschreibung der Kultur und Analyse der politischen Institutionen der USA, die selbst amerikanische Zeitgenossen beeindruckte. „Kein Ausländer“, schrieb etwa John C. Spencer 1838 im Vorwort zur amerikanischen Übersetzung von Tocquevilles Hauptwerk, „hat je eine solch tiefe, klare und zutreffende Einsicht in die Maschinerie unserer komplizierten Systeme der Bundes- und Einzelstaatsregierungen gezeigt“. Ein großer Bewunderer Tocquevilles war auch der aus Preußen stammende Francis Lieber, der von 1860 bis zu seinem Tod am Columbia College, der heutigen Columbia University, den ersten amerikanischen Lehrstuhl für Politikwissenschaften innehatte. In seinen Vorlesungen legte er seinen Studenten immer wieder nahe, dass jeder von ihnen die Werke Tocquevilles kennen sollte, weil kein Amerikaner bisher ihr Land und seine politische Kultur besser beschrieben habe. Damit legte Lieber den Grundstein für eine Rezeptionslinie, durch die Tocquevilles Hauptwerk zusammen mit den Federalist Papers zu den wichtigsten politischen Selbstauslegungstexten der USA wurde.