Abstract
Ausgehend von einer historischen Verortung wird dargestellt, welchen spezifischen Beitrag die Psychoanalyse zum Verständnis dessen, was Sexualität ist, leisten kann. Dabei rückt eine andere, eine sprachlose (infantile) und noch nicht genital organisierte Form der Sexualität in den Blick, welche nicht biologisch-angeboren sondern intersubjektiv-erworben ist. Das die Psychoanalyse besonders interessierende unbewusste Sexuelle zentriert sich nicht um instinkthafte Bedürfnisse, sondern um triebhafte Wünsche. Hier ergibt sich eine überraschende Überschneidung mit der psychoanalytischen Auffassung von Religion, welche Freud als eine von infantilen Wünschen getriebene Illusion verstanden wissen wollte. Religion und Sexualität führen uns – bei allen offensichtlichen Unterschieden – beide vor das In-fantile, vor das Sprach-lose. Es wird diskutiert, inwieweit dies mit erwachsener Wortgewalt aus der Welt zu schaffen oder nicht vielmehr doch als ein eigenständiger Bereich zur Geltung zu bringen sei.