Abstract
Seit der Ausrufung des ‚Kalifats‘ 2014 hatte die Verbindung apokalyptischer Visionen mit der utopischen Verheißung einer ‚idealen‘ Gesellschaft eine enorme Bedeutung in der Propaganda des selbsternannten Islamischen Staats. Die Selbstinszenierung des IS als die politische Kraft, die das Ende der Zeiten vor der Etablierung der göttlichen Ordnung herbeiführt und die gleichzeitige Darstellung des ‚Kalifats‘ als diesseitiges Ideal sind Teil einer dualistischen Weltsicht, die das Handeln des IS legitimieren soll. Anhand einer Analyse des englischsprachigen IS-Magazins Dabiq wird gezeigt, wie der IS mit diesem in Apokalyptik und Utopie fundierten Manichäismus eine weltweit attraktive Alternative in der Deutung der heutigen Weltlage und ihrer Widersprüche geschaffen hat. Da der Anspruch des IS, das Versprechen des ‚Kalifats‘ einzulösen, mit der weitgehenden militärischen Zerschlagung des IS-Territoriums zunehmend Risse bekommen hat, wird außerdem das Magazin Rumiyah analysiert. Rumiyah hat Dabiq seit September 2016 abgelöst und bietet diesen Veränderungen Rechnung tragend eine veränderte Fassung der Apokalyptik des IS an.