Abstract
In der vorliegenden Arbeit wird ein Begriffsrahmen entwickelt, in dem sich Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen drei Arten von Kulturprodukten klar aufzeigen lassen: Dichtung, Mythos und Wissenschaft. Die allen drei Phänomenen gemeinsame Struktur erfassen wir in §II und §III mit dem Begriff eines Repräsentationssystems, welcher in Anlehnung an die formale Modelltheorie semiotische Vorstellungen mit einem Denken in Systemen zusammenbringt. Die relevanten Unterschiede werden durch Differenzierung (§IV) jenes Begriffs festgemacht, d.h. die drei Phänomene werden durch jeweils spezielle Arten von Repräsentationssystemen erfaßt (§V). Unser spezielles Augenmerk gilt dabei dem Mythos (§I), der sich in letzter Zeit eines wachsenden Interesses -- oft außerhalb des etablierten Wissenschaftsbetriebs -- erfreut. Es zeigt sich, daß der Mythos eine Mittelstellung zwischen Dichtung und Wissenschaft einnimmt: als "Bindeglied" vermittelt er sowohl zwischen der rein begrifflichen Struktur der Phänomene "Dichtung" und "Wissenschaft" als auch zwischen deren Unterschieden in Methode und Wahrheitsanspruch (die in engem Zusammenhang mit der begrifflichen Struktur stehen). Der hier entwickelte begriffliche Rahmen soll in weiteren Untersuchungen als Grundlage zur Herausarbeitung von Unterschieden in der Methode und im Wahrheitsanspruch dienen, die sich aus unserem Ansatz in natürlicher Weise ergeben. Diese müssen jedoch aus Platzgründen einer weiteren Arbeit vorbehalten bleiben