Abstract
Im Kontext der Digitalisierung schulischer Lehr- und Lernwelten kommt der Simulation eine gesteigerte Aufmerksamkeit zu. Ihr Einsatz im Unterricht verspricht eine Annäherung an fachliche Inhalte, deren Attraktivität in einer anschaulicheren, handlungsorientierten, der Lebenswelt junger Menschen näheren Aufbereitung von Lerninhalten liegt. In der Vermessung des bildungstheoretischen Potentials dieses Mediums stellen sich allerdings einige grundlegende Fragen, die bisher kaum in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt sind. So stellt die Simulation einen ganz eigenen Modus des Zugangs zu den Sachen dar und positioniert sich zwischen Lebenswelt und den Sachen selbst. Der Beitrag nimmt diesen Modus mit einem besonderen Fokus auf den gymnasialen Mathematikunterricht in den Blick und vollzieht somit, in phänomenologischer Absicht, eine Ortsbestimmung der Simulation im Spannungsfeld von Sache und Lebenswelt. Untersucht wird, in welcher Weise die Simulation eine Sache erst zugänglich macht und wie sich dieser Zugang auf die Wechselwirkung zwischen Sachen einerseits und dem wahrnehmenden Akteur in seiner lebensweltlichen Verwurzelung andererseits auswirkt. Dies erfolgt im Rückgriff auf den Erfahrungsbegriff, der als „reflective experience“ bei John Dewey aber auch in der phänomenologisch geprägten Erziehungswissenschaft den Weg zu einer bildenden Praxis im Umgang mit den Sachen aufzeigt. In einem ersten Schritt wird daher das Simulationshandeln im Kontext eines als Erfahrungsprozess aufgefassten Lernens exemplarisch erschlossen. Im Anschluss wird aufgezeigt, in welches Verhältnis Sache und Lebenswelt durch die Simulation gesetzt werden und wie der durch die Simulation aufgespannte Erfahrungsraum gedacht werden kann. Damit leistet der Beitrag letztlich eine grundsätzliche bildungstheoretische Annäherung an das Simulationshandeln im Unterricht.