Abstract
Rortys Figur der liberalen Ironikerin wurde sowohl als „originell“ gefeiert als auch als naiv oder gar gefährlich kritisiert. Das Interessante an diesen kontrastreichen Rezeptionen besteht u. a. darin, dass sich Rorty selbst in den letzten Jahren seinen Kritikern anschloss. Bedenkt man jedoch seine durchwegs ironische Haltung, dann wird offensichtlich, dass sich Rorty nur gegen sein eigenes Denken aussprechen kann. Aus diesem Grund vertritt dieser Artikel die These, dass jede Rorty-Rezeption nicht nur mit, sondern auch gegen und über Rorty hinaus- denken muss. Der vorliegende Artikel beschreibt zunächst die Genese der liberalen Ironikerin, liefert im Anschluss daran einen Überblick über die gängigsten Würdigungen und Einwände und zeigt, warum die liberale Ironikerin oftmals als ‚politische Intellektuelle‘ interpretiert wurde. Abschließend wird der Versuch unternommen, die liberale Ironikerin als „realistische Träumerin“ weiterzudenken. Hierfür tritt eine zukunftsorientierte, anti-essentialistische und kreative Leseweise in den Vordergrund.