Abstract
Indem im Laufe des Zweiten Weltkrieges das Labor als Raum technischer Objekte und Prozesse in den Horizont von Benses Naturphilosophie der 1930er Jahre rückt, unterliegt sie auch selbst einem tief greifenden Wandel. Der Akzent hat sich nun von den Strukturen des mathematischen Geistes auf die Strukturen der technischen Umwelt verschoben. Aus dem naturwissenschaftlichen Zeitalter ist das technische Zeitalter geworden. Hatte Benses Naturphilosophie den Zusammenbruch der Welt der klassischen Physik und der mit ihr verbundenen Erkenntnisformen zuvor als eine Wirkung der schöpferischen Macht des Geistes gefeiert, sieht sie sich nun mit einer ganz neuen Realität konfrontiert, die nicht mehr ohne Weiteres als geistige Schöpfung beschrieben werden kann. Die technische Welt benötigt, um bewohnbar zu sein – das ist Benses feste Überzeugung in den Nachkriegsjahren –, nicht allein die technischen Theoreme, sondern auch die philosophische Theorie. In der Folge sollte sich zeigen, dass Benses Technikphilosophie auf überraschende Weise mit der Inkubationsphase einer neuen Ingenieurwissenschaft zusammentraf: der Informatik. Als Grenzgänger zwischen den Wissenschaftskulturen behandelten seine Stuttgarter Schüler das Programmieren als eine Versöhnung von Kunst und Technik, Geist und Funktion, Theorem und Theorie, sodass, jedenfalls für einen Moment, Benses Befürchtung gegenstandslos geworden zu sein schien, die produzierende Intelligenz der Geisteswissenschaften könne hinter der funktionierenden Intelligenz der Technikwissenschaften zurückbleiben.