Abstract
Ob „der Islam“ mit Demokratie und Rechtsstaat vereinbar sei, ist eine berechtigte Frage, denn ein Demokratiedefizit in der islamischen Welt lässt sich nicht bestreiten. In der Debatte über dieses Thema gilt es vor allem die Voluntarismusfalle zu vermeiden, d. h. die Auffassung, man könne in reformierender Absicht die Grundlagentexte einer jeden Schriftreligion beliebig interpretieren und für alle Zwecke instrumentalisieren. Darüber hinaus stellt sich die Frage, inwieweit es für Religionsgemeinschaften generell sinnvoll ist, die Auslegung ihrer religiösen Quellen nach Belieben zu handhaben. Sowohl dem Islamismus als auch islamischen Reformprojekten ist gemeinsam, dass sie die Bedeutung des rechtlichen Aspekts ihrer Religion minimieren wollen. Daraus ergeben sich Probleme eigener Art. Zudem sind Reformkonzepte für viele Muslime politisch kontaminiert, da sie offenkundig das Ziel haben, den Islam politischen Rahmenbedingungen anzupassen oder gar für säkulare Regime nutzbar zu machen.