Klio 102 (1):1-25 (
2020)
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Abstract
Zusammenfassung Der vorliegende Aufsatz geht der Frage nach, aus welchen Gründen religiöse Aspekte im politischen Denken des Aristoteles – verglichen mit dem anderer zeitgenössischer Philosophen wie auch mit der politischen Praxis seiner Zeit – nicht prominent vertreten sind. Dabei beleuchtet er insbesondere den Umstand, dass Aristoteles der sozialintegrativen wie auch der identitätsstiftenden Funktion des Kultes im Hinblick auf die Polisgemeinschaft keine zentrale Bedeutung beimisst. Der Beitrag deutet dies auf dem Hintergrund der spezifischen Fragestellungen wie auch der politischen Prämissen des Philosophen, darunter seine Fokussierung der Stasisproblematik und der Arm-Reich-Dichotomie. Angesichts dessen gelangt Aristoteles – abweichend von vielen seiner Zeitgenossen – zu der Einschätzung, dass sich soziale Kohäsion vorrangig durch das Austarieren konkurrierender Ansprüche fördern lässt, weniger durch Rekurse auf gemeinschaftsstiftende religiöse Vorstellungen oder kollektive Kultpraktiken.