Abstract
Auch wenn Aristoteles im Gesamtwerk Tocquevilles nur sehr selten erwähnt wird – im Briefwechsel mit Gustave de Beaumont und in den Mélanges –, so lassen sich doch einige Themen identifizieren, die den beiden Denkern gemeinsam sind und die, auch wenn sie nicht auf einen direkten Einfluss des griechischen Philosophen auf den Franzosen schließen lassen, dennoch die Behauptung einer Geistesverwandtschaft zulassen. Genauso wie Aristoteles, teilt auch Tocqueville die Gesellschaft in drei Klassen auf, und genauso wie der Autor der Nikomachischen Ethik und der Politik, setzt auch er auf das Ideal der Mäßigung. Und wie Aristoteles – und später auch Hegel –, will auch Tocqueville das Individuum an ein Ethos binden. Es muss demnach nicht verwundern, wenn kommunitaristische Denker sich auf Aristoteles und Tocqueville berufen und in diesen beiden Denkern nach Heilmitteln gegen die sozialdesintegrativen Tendenzen der modernen Gesellschaften suchen.