Psyche 72 (8):611-640 (
2018)
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Abstract
Die technisierte »Urszene« im Rahmen medizinisch assistierter Reproduktion verlangt allen Familienmitgliedern herausfordernde psychische Integrationsleistungen ab. Seitens der Eltern ist eine bewusste Auseinandersetzung mit den Belastungen durch Infertilitätsdiagnose und Kinderwunschbehandlung sowie mit den Erwartungen in Bezug auf das Kind notwendig; sie ermöglicht ihnen einen offenen Umgang mit den Besonderheiten der Entstehung ihres Kindes. Für Kinder besteht die Herausforderung in der realen und phantasmatischen Auseinandersetzung mit allen an ihrer Entstehung Beteiligten. Durch die Verwendung von »Fremdgameten« oder die Auslagerung der Schwangerschaft in eine »Tragemutter« bekommt der »Familienroman« eine reale Grundlage. Sie erfordert eine Anerkennung multipler Elternschaft. Anonyme Gametenspenden stellen Leerstellen in der Biographie dar und erschweren die Identitätsfindung. Psychoanalytisches Verstehen, Beraten und Forschen kann, wie die Autorin zeigen möchte, die notwendigen Integrationsprozesse in Zeiten einer rapiden Entwicklung im Bereich der Reproduktionsmedizin unterstützen.