Abstract
Die Liberalen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts unterschieden zwischen der Demokratie als Gesellschaftsform, dem Fallen sozialer Stände und Privilegien, und der Demokratie als Staatsform. So charakterisierte François Guizot, einer ihrer führenden Köpfe, den gesellschaftlichen Wandel in Europa und Amerika als einen jahrhundertelangen Prozess hin zur Demokratie, d. h. zu einer egalitären Form der Gesellschaft, in der es keine Kasten, Klassen, Privilegien, besondere und ausschließliche Rechte oder festen Grundbesitz in den Händen einzelner Familien gebe. Die Demokratie als Staatsform lehnten die Liberalen als Tyrannei der Mehrheit jedoch ab. Tocquevilles De la democratie en Amérique hatte deshalb von Anfang an etwas Provokantes. Er beschrieb in den USA nicht nur eine „Gleichheit der gesellschaftlichen Bedingungen“, wie sie in Europa noch unvorstellbar schien, sondern was noch viel wichtiger war, er beschrieb auch einen freiheitlichen demokratischen Staat.