Abstract
Man sollte verzeihen, gegeben bestimmte Bedingungen. Gleichzeitig ist es dem eigenen Gutdünken überlassen, ob man verzeiht. Passt das zusammen? Nein und ja. Wenn man nur einen weiten Begriff von Verzeihen für adäquat hält, dann passt es nicht zusammen. Dann gehört zum Verzeihen begrifflich dazu, das alles wieder gut ist im Zusammenleben. Wenn man einen engen Begriff von Verzeihen davon unterscheidet und ihn für angemessen hält, dann passt es zusammen. Dann kann man verzeihen, ohne dass danach die persönliche Beziehung wieder so ist wie vorher. Man kann verzeihen, ohne sich zu versöhnen. Ersteres fällt in den Bereich des moralischen Sollens, letzteres in das persönliche Gutdünken. Ich plädiere dafür, unsere Praxis des Verzeihens so aufzufassen, dass darin dieser Unterschied zwischen Verzeihen in einem weiteren Sinne und Verzeihen in einem engeren Sinne gemacht wird.