Abstract
Würdeschutz und Lebensschutz werden insbesondere in der angewandten Ethik regelmäßig als fundamentale Beurteilungsprinzipien herangezogen. Das genaue Verhältnis dieser beiden normativen Aspekte erweist sich allerdings als unsicher: Oftmals scheinen Würdeverletzungen gerade in einer unberechtigten Beeinträchtigung von anderen Rechtsgütern wie Leben oder Gesundheit, auch Eigentum oder Ansehen zu bestehen. Darüber hinaus aber mag es Würdeverletzungen geben, die sich nicht auf eine verfehlte Missachtung solcher anderweitiger Rechtsbelange herunterbrechen lassen, sondern eigenständige Formen der Demütigung und Erniedrigung, der Ausnutzung und Verwendung bezeichnen. Der vorliegende Beitrag geht dieser Frage namentlich mit Blick auf die Forschung an Menschen, an Tieren und an Embryonen nach. Dabei liefert eine bestimmte Fallkonstellation in der Debatte um die Embryonenforschung einen starken Beleg dafür, dass Würde in der Tat zuweilen einen originären Schutzbereich markiert, der unabhängig von Fragen des Umgangs mit Leben oder sonstigen elementareren Rechtsgütern ist.