Abstract
In der Medizinethik sind der Respekt vor der Patientenselbstbestimmung, das Nichtschadensgebot, das Handeln zum Wohl des Kranken und das Gerechtigkeitsgebot praxisrelevante Prinzipien. Anhand des Beispiels der Frühintervention und Akutbehandlung schizophrener Störungen wird aufgezeigt, dass es in der psychiatrischen Praxis zu einer Kollision dieser Prinzipien kommen kann. Der frühe Krankheitsbeginn und der häufig chronische Verlauf schizophrener Störungen führen zu großem Leid der Betroffenen und ihrer Angehörigen sowie zur ökonomischen Belastung der Solidargemeinschaft. Die negativen Folgen einer verzögerten Intervention stehen den Risiken der Stigmatisierung sowie den möglichen Nebenwirkungen durch die psychotherapeutische oder psychopharmakologische Behandlung gegenüber. Es wird für eine an der konkreten Situation orientierte, lebensnahe und dynamische Ethik plädiert, die vom konkreten Fall aus diskutiert und verschiedene Perspektiven berücksichtigt – mit dem Ziel von einer Arztethik und Patientenethik zu einer Verantwortungspartnerschaft zu gelangen