Abstract
ZusammenfassungEiner weit verbreiteten Auffassung zufolge sind politische Verantwortung und moralische Unschuld auf Dauer unvereinbar. Wer Macht hat, so der Gedanke, wird früher oder später Schuld auf sich laden und seine moralische Integrität riskieren. Diese „These von den schmutzigen Händen“ lässt mindestens drei verschiedene Lesarten zu, die im ersten Teil des Textes unterschieden werden. Eine davon besagt, dass das Problem der schmutzigen Hände daraus resultiert, dass im Feld der Politik Konfliktsituationen unausweichlich sind, die den Akteuren keine andere Wahl lassen, als jemandem Unrecht zu tun. Diese These wurde unter anderem von Michael Walzer vertreten. Sie wird häufig mit Verweis darauf zurückgewiesen, dass es solche dilemmatischen Konflikte nicht geben kann, da auszuschließen ist, dass bindende moralische Pflichten miteinander in Konflikt stehen. Ich möchte demgegenüber im Folgenden deutlich machen, inwiefern sich das Problem der schmutzigen Hände selbst dann vermeiden lässt, wenn derartige Konflikte möglich wären. Dazu erläutere ich kurz, worin in diesen Fällen aus meiner Sicht das wesentliche Problem besteht und unterscheide zwischen zwei verschiedenen Konfliktlösungsmodellen, dem effektiven und dem prozeduralen Modell. Im Anschluss daran mache ich deutlich, welche Rolle in diesem Zusammenhang die Bitte um Verzeihung spielt und worin ihre normative Funktion besteht.