Abstract
Die Theorie der Anerkennung gilt gegenwärtig als einer der zentralen Ansätze für die Weiterentwicklung und normative Grundlegung kritischer Gesellschaftstheorie. In dem vorliegenden Beitrag will ich in Auseinandersetzung mit zentralen Schwierigkeiten der Konzeption Honneths zeigen, inwiefern ein an der Sozialphilosophie des Pragmatismus orientierter Begründungsweg weiterführend sein kann, um die damit verbundenen Ansprüche auch tatsächlich einlösen zu können. Weil in Honneths Theorie das positive Selbstverhältnis, das über Formen wechselseitiger Anerkennung gesichert und stabilisiert werden soll, allein selbstbezüglich gefasst ist, droht gleichgültig zu werden, in welchen sozialen Kontexten ein solches Selbstverhältnis konkret erzeugt wird. Die anerkennende Bestätigung dieser Selbstverständnisse, mag dann, weil sie bestehende Erwartungshaltungen erfüllt, die psychische Integrität der Adressaten schützen, sie bestätigt jedoch in diesem Falle auch die bestehenden Machtverhältnisse, in deren Rahmen sie ausgebil-det wurden. Im Rahmen eines pragmatistischen Ansatzes ist Anerkennen stattdessen nicht als Bestätigung vorgängiger Identitätsansprüche, sondern als ein sozialer Prozess zu verstehen, in dessen Verlauf bestimmte praktische Selbstverhältnisse realisiert, als realisierte durch ihre sozialen Folgen in eine Krise geführt, vor diesem Hintergrund kritisch reflektiert und schließlich überwunden werden. Erst auf der Grundlage einer solchen wechselseitigen Kritik können sich die Akteure über ihre handlungsleitenden Grundannahmen und Dispositionen aufklären. Der Begriff gelingender Anerkennung muss sich dann darauf beziehen, wie dieser Prozess der Erfahrung, in dem bestehende Selbstverständnisse und institutionell stabilisierte Handlungsformen hinterfragt und neu gebildet werden, in sinnvoller Weise organisiert werden kann. Während zudem in der honnethschen Konzeption legitime Sozialkritik an gesellschaftlich etablierte Kriterien des Anerkennens gebunden bleibt, können diese Kriterien in dem vorgeschlagenen begrifflichen Rahmen in dem Maße problematisiert werden, in dem sie die Weiterentwicklung eines so verstandenen Erfahrungsprozesses blockieren.