Abstract
Das Prinzip öffentlicher Rechtfertigung ist ein Kernprinzip einer Hauptströmung des zeitgenössischen Liberalismus. Es besagt, in einer von Gerald Gaus vertretenen Variante, dass Regeln der Sozialmoral ebenso wie staatliche Institutionen und Gesetze gegenüber allen betroffenen Personen mit ihren je verschiedenen evaluativen Standards rechtfertigbar sein müssen. Die Regeln, Institutionen oder Gesetze sind rechtfertigbar, wenn alle betroffenen Personen vor dem Hintergrund ihrer je verschiedenen evaluativen Standards einen hinreichenden Grund haben, sie zu akzeptieren. Das Universalisierbarkeitsprinzip dagegen ist kein normatives Prinzip der politischen Philosophie, sondern ein metaethisches Prinzip. Es besagt (in einer auf moralische Gründe bezogenen Variante), dass wenn es für Person A einen moralischen Grund gibt, x zu tun, es auch für Person B in relevant ähnlichen Umständen einen moralischen Grund gibt, x zu tun. Steven Wall nun hat zu zeigen versucht, dass beide Prinzipien inkompatibel sind. Da das Universalisierbarkeitsprinzip sehr plausibel erscheint, das Prinzip öffentlicher Rechtfertigung dagegen sehr umstritten ist, ist die Unvereinbarkeit der beiden Prinzipien für Wall ein Argument, das Prinzip öffentlicher Rechtfertigung abzulehnen. In diesem Aufsatz möchte ich Walls Unvereinbarkeitsthese kritisch diskutieren und schließlich zurückweisen.