Die Debatte um humanitäre Interventionen
Abstract
Michael Walzer, der im westlichen Diskurs wohl als der bekannteste Theoretiker in Sachen »gerechter Krieg« angesehen werden kann, plädiert in aller Entschiedenheit für eine Ethik der humanitären Intervention. Obwohl es ohne Zweifel besser ist, wenn ein tyrannisches Regime durch das eigene Volk vertrieben wird, so gibt es nach Walzer dennoch Fälle extremer Gewalt, wie z.B. die Killing Fields der Roten Khmer, die Anarchie in Sierra Leone oder die »ethnischen Säuberungen« im Kosovo, wo militärische Interventionen zur Rettung der Opfer auch ohne Beschluss des UN-Sicherheitsrates gerechtfertigt werden können. Zwar bestehe keine moralische Pflicht zur Intervention, dennoch zögert Walzer, humanitäre Interventionen bloß den »unvollkommenen Pflichten« zuzuordnen. Nach Walzer sollte im Fall von massenhaften Tötungen jeder handeln, der dazu in der Lage ist, d. h. Staaten, nicht Einzelne. Dass Staaten immer auch Interessen verfolgen, ist nach Walzer kein zwingendes Argument gegen humanitäre Interventionen. Denn absolute Reinheit der moralischen Motive sei weder im privaten noch im politischen Handlungsfeld vollkommen verwirklichbar. Wichtige Klärungen sind allerdings in der Frage der Auswahl der Mittel vorzunehmen, in denen die Risken der intervenierenden Soldaten und der Zivilbevölkerung abzuwägen sind.