Abstract
Gewohnheitshandlungen stellen für die kausale Handlungstheorie eine Herausforderung dar: Einerseits werden sie offenkundig auf weite Strecken nicht durch vorgängige bewusste Wünsche gesteuert. Andererseits glauben wir, dass dabei der Akteur in der Regel über sie diejenige Form von Kontrolle ausübt, die sie als seine absichtlichen Handlungen qualifiziert. Somit kann es den Anschein haben, dass Gewohnheitshandlungen entscheidende Gegenbeispiele für eine Theorie liefern, die die für Absichtlichkeit entscheidende Handlungskontrolle an die Verursachung durch bewusste Wünsche bindet. Der Artikel untersucht drei einschlägige Typen von routinemäßig ausgeführten Handlungen: erstens komplexe Alltagshandlungen wie Autofahren oder Ins-Bett-Gehen, die häufig 'geistesabwesend' vollzogen werden; zweitens Routinen, die, wie die Vorführung eines Akrobaten, aus eingeschliffenen körperlichen Sequenzen bestehen, deren erfolgreiche Ausführung die Abwesenheit bewusster Interventionen geradezu erfordert; und drittens 'gedankenlos' ausgeübte Mikrohandlungssequenzen wie das Herumprobieren mit einem Schlüssel im Schlüsselloch. Es zeigt sich nicht nur, dass alle drei Handlungstypen einer kausalen Analyse zugänglich sind, sondern auch dass ihre Analyse wichtige Dimensionen des Phänomens der Handlungskontrolle zutage fördert