Ästhetisches ethos

Zeitschrift für Ästhetik Und Allgemeine Kunstwissenschaft 66 (1):70-96 (2021)
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Abstract

Der Aufsatz sondiert das geisteswissenschaftliche Feld einer Theorie von Praktiken mit dem Fluchtpunkt der Literaturwissenschaften. In der germanistischen Forschung hat der Fokus auf Praktiken zur Neujustierung der Literatursoziologie geführt, der eine dezidierte praxeologische Begründung fehlt. Die ›Ursprünge‹ praxeologischer Theoriebildung liegen in der Soziologie, deren aktuelle Positionierungen die Analyse von Praktiken mit poststrukturalistischen Theoremen zu verbinden suchen. Dabei werden Michel Foucaults Diskurskonzept und dessen Arbeiten zu den antiken Praktiken des Selbst in ein kultursoziologisches Programm integriert (Reckwitz). Der Beitrag argumentiert, dass dies Foucaults eigenem Verständnis von Praktiken zuwiderläuft. Denn anders als die sozialtheoretische Praxeologie denkt Foucault Praktiken nicht als ein zwischen agency und structure vermitteln- des Handlungsterrain. Sein doppelter Praktikenbegriff stellt eine unhintergehbare Interdependenz von Prozessen der Disziplinierung und ästhetischer Formung, von Norm und Freiheit zentral und bringt so einen genuin ethischen Gehalt von Praktiken ins Spiel. Foucaults Ausführungen zur ästhetischen Form von Praktiken sind aber so wenig spezifisch, dass hier ein Einsatzpunkt für die Literaturwissenschaften liegt, den ›späten‹ Foucault für eine Revision der Dynamiken von Ethik und Ästhetik produktiv zu machen. In dieser Perspektive lassen sich die Künste nicht als Zirkulationsräume ethischen Wissens, sondern als praktische Erprobungsfelder moralischer Formungsprozesse verstehen, in denen sich Normerfüllung und agency verbinden. Anvisiert wird dergestalt ein Beitrag zur Theorie des Zusammenhangs von Ethik und Ästhetik, der es ermöglicht, die ästhetische Formung praktischer Moralität und in diesem Sinne das ethos, ja die konkreten Tugendübungen der Literatur zu untersuchen.

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