Abstract
Die Geschichte der Philosophie wird oft einseitig verfasst. Philosophische Schulen sind entgegengesetzt präsentiert, und das aus gutem Grund. Man ist bestrebt, sie klar und deutlich zu umreißen, um ihre Identität zu vermitteln. Gleichzeitig birgt diese Herangehensweise die Gefahr, wichtige Zusammenhänge verschiedener Richtungen und Bewegungen der Philosophie aus den Augen zu verlieren. Die herkömmliche Geschichte des logischen Empirismus und der philosophischen Anthropologie der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts weist genau auf diese Gefahr hin. Sie wurde so gut wie immer in strenger Isolation von Strömungen dargestellt, die sich in eine andere Richtung orientierten. Die Aufgabe dieses Kapitels ist, eine Alternative zu dieser Herangehensweise anzubieten. Es untersucht Ähnlichkeiten und Zusammenhänge zwischen der Berliner Gruppe der logischen Empiristen um Hans Reichenbach und der „anthropologischen Wende“ in der deutschen Philosophie Ende der 1920er Jahre, vor allem, wie sie Helmuth Plessner dargestellt hat.