Psyche 74 (6):421-445 (
2020)
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Abstract
Der Beitrag untersucht die Langeweile auf klinischem Terrain und als literarisches/philosophisches Sujet in Abgrenzung zu benachbarten Phänomenen wie Muße, Müßiggang und Faulheit. Da sich das Phänomen Langeweile im Bedeutungsspektrum zwischen »horror vacui« (Kant) und »Windstille der Seele« (Nietzsche) einer definitorischen Klarheit entzieht, schlägt die Autorin anhand klinischer Vignetten vor, drei Qualitäten und regulierende Funktionen der Langweile zu differenzieren: eine vernichtende, mit »Desobjektalisierung« (Green) einhergehende Langeweile, eine als Abwehr eines traumabedingten Ich-Verlusts fungierende Langeweile sowie eine Langeweile als kreativer Übergangsraum. Freuds Gedanken über die Existenz von »lustvolle(n) Spannungen und unlustige(n) Entspannungen« enthalten eine triebökonomische Perspektive, die einen Blick auf sehr unterschiedliche Lust- und Unlustqualitäten der Langeweile erlaubt.