Klio 104 (2):517-549 (
2022)
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Abstract
Zusammenfassung Während der Fahrt der Flotte Alexanders durch den Indischen Ozean sichteten seine Seeleute angeblich ein Seeungeheuer. Die an der Unternehmung beteiligten Autoren Nearchos, Onesikritos und Orthagoras nahmen die ungewöhnliche Begegnung in ihre Werke auf, gaben diese aber in unterschiedlicher Weise wieder. Obwohl es sich dabei um eine in mehrerer Hinsicht interessante Episode handelt, besitzt sie einen besonders hohen Quellenwert, um Rückschlüsse über Alexanders Positionierung gegenüber den altorientalischen Kontexten seiner Herrschaft anzustellen. Schließlich behaupteten bereits die neuassyrischen Herrscher, auf dem Meer am Rande der Welt Seeungeheuer gesichtet zu haben, womit ein allumfassender Herrschaftsanspruch einherging. Die achaimenidischen Großkönige benutzten dasselbe Argument, um Universalherrschaft und dadurch legitime Herrschaft zu kommunizieren. Kontextualisiert man die Sichtung des Seeungeheuers in den Fragmenten der Werke der Feldzugsteilnehmer in den Diskurs um Universalherrschaft des ersten Jahrtausends v. Chr., so lassen sich Alexanders Bestrebungen feststellen, sich zu den Konzepten legitimer Herrschaft nicht-makedonischer Prägung zu positionieren und sich in einer Weise als rechtmäßiger Herrscher zu präsentieren, die auch für seine asiatischen Untertanen verständlich war. Die am Alexanderzug teilnehmenden Autoren nahmen die hierfür benutzten Ideologeme in ihre Werke auf, passten sie aber entsprechend ihrer literarischen Absichten an.