Einleitung: Die Optimierung des Anderen

In Markus Dederich & Jörg Zirfas (eds.), Optimierung: Ein interdisziplinäres Handbuch. Springer Berlin Heidelberg. pp. 163-169 (2024)
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Abstract

Im Zentrum dieses Teils des Handbuchs steht der Komplex von institutionalisierten pädagogischen und therapeutischen Aktivitäten, die der Einwirkung auf den Anderen, seiner Ausrüstung für die Bearbeitung und Bewältigung von Lebensaufgaben, der Verfeinerung seiner Fähigkeiten und Fertigkeiten, der Stärkung seiner Widerstandskraft gegen die Widerfahrnisse des Lebens und die Zumutungen der Welt gewidmet sind. Sowohl in pädagogischen als auch in therapeutischen Kontexten geht es grundsätzlich um Interventionen, die in individuelle Ontogenesen auf ermöglichende, anregende, hinweisende, zeigende, instruierende, fordernde und begrenzende Weise eingreifen. Je nach implizitem Menschen- und Gesellschaftsbild und in Abhängigkeit von den jeweiligen Interventionsmethoden umfassen die Bestrebungen zur Verbesserung des Anderen auch Versuche, die jeweils als relevant und wirksam erachteten Umwelten zu gestalten und zu modifizieren. Pädagogik und Therapie nehmen nicht nur Einfluss darauf, was Menschen lernen, wissen und können (und damit auch auf das, was sie nicht lernen, nicht wissen und nicht können), wie sie ihre Welt und sich selbst in dieser Welt wahrnehmen, wie sie die Dinge beurteilen, welche Fähigkeiten und Fertigkeiten sie zur Verfügung haben, um ihr Leben zu bewältigen und sich an der Lösung gesellschaftlich bedeutsamer Probleme zu beteiligen. Vielmehr wirken sind sie auch bis in die Körperlichkeit bzw. Leiblichkeit hinein daran beteiligt, wie die Menschen überhaupt zu Subjekten werden. In diesem sehr weiten Sinn haben Pädagogik und Therapie eine zugleich bildende und wirkungsmächtige Funktion im Hinblick auf die Genese des Subjekts. Als solcherart bildende Praktiken sind sie auf wie auch immer definierte Zwecke und Ziele hin ausgerichtet, haben also in dem Sinn eine „finale Struktur“, dass sie etwas anstreben oder erreichen wollen, das noch nicht (oder noch nicht in einer gewünschten Qualität oder einem gesollten Maß) vorhanden und verfügbar ist: in europäischen bzw. westlichen Kategorien gesprochen etwa den Gebrauch der eigenen Verstandeskräfte, moralische Selbstbestimmungsfähigkeit, die Fähigkeit, Fähigkeiten auszubilden, Problemlösekompetenz im Hinblick auf gesellschaftliche Schlüsselprobleme, Emanzipation und Solidarität, aber auch soziale Nützlichkeit, hinreichende Eingliederungsfähigkeit und Systemkompatibilität – um nur einige zu nennen. Diesen sehr unterschiedlichen Zwecken und Zielen pädagogischer und therapeutischer Interventionen unterliegen jeweils (explizit formulierten, latente oder manchmal auch verborgenen und verschleierten) Normen, die die jeweiligen Interventionen anleiten, ihr eine spezifische Richtung geben.

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