Abstract
Skandale aktualisieren die Moral sozialer Systeme durch die öffentliche Aushandlung akzeptabler und nicht akzeptabler Verhaltensweisen. Der Beitrag diskutiert die Bedeutung moralischer Kollektive für diesen Aushandlungsprozess, der auch das Agenda Setting politischer Kommunikatoren im Social Web zunehmend prägt. In einem ersten Schritt werden hierzu zentrale Ergebnisse der Skandalforschung mit Blick auf die Wechselbeziehung zwischen Skandalen und Moral sowie den Verlauf der moralischen Kommunikation in der Netzwerkgesellschaft vorgestellt. In einem zweiten Schritt werden die Handlungsfelder für die moralischen Kollektive bestimmt, denen besondere Funktionen in Skandalisierungen zukommen. Der Journalismus als nach wie vor relevantes Selbstbeobachtungs- und Selbstbeschreibungssystem der Gesellschaft verwendet bei der Skandalisierung im Wesentlichen die moralischen Positionen von Akteuren aus den Bereichen 1) Ideologie und Religion, 2) Öffentlichkeit, 3) Privatheit, 4) Justiz und 5) Politik. Die moralischen Prinzipien, die in den skandalisierten Situationen, Prozessen oder Aktionen durch die mediale Inszenierung eines Helden präsent sind, funktionieren im Handlungsvollzug wie blinde Flecken und können ihre Wirkung nur entfalten, weil ihre Rezipienten den Code des dominierenden moralischen Kollektivs bereits kennen. In einem dritten Schritt empfiehlt der Beitrag daher das moralische Prinzip medialer Skandalisierung in ein ethisches zu übersetzen, das Begründungen für die moralische Position einfordert und sich dem Diskurs stellt.